Tagesmutter Angelika Ritzmeier

Mehr als „eine“ Mutter: Berufung Tagesmutter

Angelika Ritzmeier aus dem Lobmingtal ist Tagesmutter der Volkshilfe Steiermark. Sie hat auch zwei eigene Kinder. Eines hat sie vor kurzem zur Jung-Oma gemacht. Das Kinderglück liegt sozusagen in der Familie. Mit ihrem Job ermöglicht sie Eltern, flexibler einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Außerdem werden die Kinder früh schon stark.

Wodurch sind Sie eine besonders gute Tagesmutter?

Die Eltern schätzen mich als sehr offen, als eine sehr herzliche Mama. Die Kinder fühlen sich bei mir sehr wohl. Ich gebe ihnen ein familiäres Umfeld. Dies startet bereits mit einem gemeinsamen Frühstück – es wird sehr viel zusammen gemacht. Beim Frühstück sitzen wir an einem Tisch, es wird geplaudert, was wir gemacht haben oder noch machen wollen. Zu Mittag ist es auch wieder das Zusammensitzen und Warten, bis die Kinder dann nach und nach abgeholt werden. Ich möchte ein maximal familiäres Umfeld bieten, in dem jedes Kind und seine Eltern willkommen sind.

Was schätzen Sie an Ihren kleinen Schützlingen?

Die liebevolle, herzliche Art, sich mitzuteilen. Ich schätze es sehr, wenn sich die Kinder mit Liebe ausdrücken, um zu zeigen, was sie wollen oder brauchen. Dies ist manchmal sehr spannend, wenn die Kinder noch nicht sprechen können. Ich habe größtenteils sehr kleine Kinder. Da schätze ich es sehr, wenn sei mir zu zeigen versuchen, was sie denn von mir brauchen oder eben von ihren Freunden und SpielkameradInnen. Sie sind so authentisch und ehrlich.

Welche Erlebnisse beflügeln Sie in Ihrem Job?

Das Ankommen der Kinder – da merke ich, wenn sie sich schon ohne Eltern trauen, hier zu bleiben. Bei manchen ist es das erste Sprechen, bei vielen Kindern ist es das erste Mal Klo-Gehen und nicht mehr gewickelt zu werden. Bei ganz vielen Kindern ist es das Lernen miteinander, mit den Kindern zu spielen, sich auszutauschen. Das beflügelt mich.

Wie bringen Sie durch Ihre Tätigkeit die Region voran?

Ich biete den Eltern flexible Kinderbetreuung – und das schon, wenn ihre Kinder sehr klein sind. Somit können Eltern rasch wieder in den Beruf zurückkehren. Wir haben ein Wochenprofil, welches wir im Zuge des ersten Elterngespräches gemeinsam ausfüllen. Meine Zeiten sind von 07-17 Uhr (Mo-Mi) und von 08-13.30 Uhr (Do-Fr). Die Eltern können mit den ArbeitgeberInnen abklären, dass die Arbeitszeit im Vorhinein in diesen Bereich hineinfällt. Wenn man merkt, die Kinder fühlen sich wohl und die Eltern sind zufrieden, dann können diese Eltern bei der Volkshilfe die Unterschrift leisten und die Betreuung anmelden.

Was sehen Sie als wichtig hinsichtlich Vereinbarkeit Familie und Beruf?

Als Tagesmutter kann ich vor allem Eltern, welche Wechseldienste haben, unterstützen. Da die Betreuung von unter 3-Jährigen in den Gemeinden noch nicht gut ausgebaut ist, decke ich den Bedarf zusätzlich ab. Was ich als Tagesmutter mit meinen Kindern mache, dafür gibt es keine fixen Regeln. Wir machen viel freies Spiel. Mir ist wie gesagt das gemeinsame Essen sehr wichtig, dazwischen jedoch immer mit freiem Spiel. Ich frage die Kinder, was sie wollen: sei es zur Mur gehen oder in den Garten. Hier lasse ich auch die Kinder entscheiden, im Kindergarten ist diese Flexibilität nicht mehr gegeben. Bei mir können sich die Kinder im Spielen verlieren, solange sie möchten – so bekommen die Kinder keinen Stress. Wenn sie wirklich fertig sind mit Spielen, sage ich nur: Bitte aufräumen, es gibt eine Jause und dann läuft das schon.

Was hat Murau Murtal Ihnen fürs Leben mitgegeben?

Als ich wusste, dass ich als Tagesmutter starten kann, bat ich den Bürgermeister um die Bewerbung meiner Tätigkeit. Da ich hergezogen bin und keinen in der Gemeinde kannte, war dies eine große Hilfe für mich. Durch die Unterstützung und aktive Bewerbung durch die Volkshilfe in der Gemeindezeitung mit einem riesigen Artikel sind sehr viele BürgerInnen auf mich aufmerksam geworden. Nicht nur über die Volkshilfe, sondern auch vom Murtal. Zu Beginn hatte ich zwei Kinder, mittlerweile sind es 13 Kinder. Die Mundpropaganda in unserem kleinen Dorf ist hervorragend, ich kann mich auf sehr viele Leute hier verlassen. Die Info, dass ich als Tagesmutter arbeite und vielleicht noch einen Platz frei hätte, geht wirklich schnell weiter, sodass die Plätze gleich wieder vergeben sind. Hier war die Unterstützung des Bürgermeisters herausragend. Das Team der Tagesmütter und Kinderbetreuung im Volkshilfe Sozialzentrum Murtal und Murau ist ebenfalls eine große Stütze für mich. Wir tauschen uns aus, helfen einander und sind gut abgesichert. Wir kriegen viel Unterstützung, Fortbildungen und uns wird der Rücken gestärkt.

Welche gesellschaftliche Trends erleben Sie im Bereich der Kinderbetreuung?

Bei mir ist es unterschiedlich. Zumeist bringen die Mamas die Kinder in der Früh. Die Papas holen größtenteils die Kinder am Nachmittag wieder ab. Ich habe mit allen Mamas wie Papas ein total gutes Verhältnis. Ich spreche immer mit beiden über alle wichtigen Vorkommnisse. Einen wesentlichen Unterschied gibt’s: Die Männer sind gut ansprechbar und bereit, sich mit dem Thema Kinderbetreuung auseinanderzusetzen. Die Frauen sind eher etwas ängstlicher und wollen mehr Details und Genaueres wissen. Die Männer trauen sich mehr nachzufragen, warum ich hier hergezogen bin und warum ich Tagesmutter geworden bin. Es ist auch offensichtlich, dass Eltern Unterstützung brauchen – nicht nur in der Betreuung ihrer Kinder, sondern auch bei vielen Fragen, Unsicherheiten, Unklarheiten rund um Familie und Kinder. Sie lesen viel, und auch das Internet bietet unendlich viele Informationen – aber Eltern vergessen oft auf das Wesentliche: mit ihrem Kind in Beziehung zu sein, es anzunehmen, wie es ist, ohne Vergleichen oder Zur-Schau-Stellen. Sie haben oft so hohe Erwartungen an ihre Kinder. Sie haben oft Schwierigkeiten, hinzuhören und zu spüren, was ihnen ihre Kinder sagen wollen.

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Ich sehe mich in 10 Jahren noch immer als glückliche Tagesmutter in der starken Region Murau Murtal.

Was würden Sie neuen Kolleginnen in diesem Beruf gerne mitgeben?

Einfach natürlich und authentisch bleiben. Die Kinder spüren das und kommen auf einen zu. Dann ist alles ‚easy cheesy‘.

Gibt es noch einen Wunsch oder eine Idee?

Ein wesentlicher Wunsch der Eltern wäre die bessere Abstimmung zwischen Berufsleben und Tagesmutterstunden. Die Regelungen für die Tagesmütter in der Steiermark sind sehr streng. Hier ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht immer so einfach. Daher wäre ein vermehrtes Entgegenkommen von ArbeitsgeberInnen wünschenswert. Im Kindergarten sind die Zeiten dann vorgegeben, wir wären noch flexibler. Mein Appell: Mamas getrauts euch, eure kleinen Wutzis zu den Tagesmüttern zu geben. Wir passen super auf eure Kinder auf, wir helfen ihnen, wir stärken und wir unterstützen sie auf ihrem Weg in den Kindergarten.

Vielen Dank für das Interview!